Der Broadway hat seit langem den Ruf, facettenreiche Geschichten zum Leben zu erwecken. Im Jahr 2024 greifen zwei Musicals - SIX und Suffs – den damaligen Erzählstoff auf, um aus zeitgenössischer Sicht diese historischen Frauen zu präsentieren. Obwohl sie in Stil und Ansatz völlig unterschiedlich sind, zeichnen sich beide Shows nicht nur durch historische Frauen als Hauptfiguren aus, sondern zeigen diese Geschichten zudem auf eine eindeutig moderne Weise. Ob es sich um Suffragetten handelt, die für das Wahlrecht kämpfen, oder um Königinnen, die Pop-Hymnen schmettern - beide Produktionen fordern traditionelle Normen des Geschichtenerzählens heraus und geben einen erhellenden Aufschluss über diese historischen Frauen.
Geschichte zum Leben erwecken: Suffs – ein Überblick
Suffs bringt die Suffragetten zum Leben: eine Gruppe von Frauen, die Anfang des 20. Jahrhunderts für das Wahlrecht kämpften. Diese Frauen lehnten sich gegen gesellschaftliche Normen auf und stießen auf zahlreiche Hindernisse in ihrem Streben nach Gleichberechtigung. Diese Show ist eine Erfindung von Shaina Taub, bekannt für ihre Arbeit an Twelfth Night und As You Like It als Teil von Shakespeare im Park. Taub ist nicht nur die Schöpferin, sondern auch der Star von Suffs und spielt die Rolle der Alice Paul. Die Produktion wird von Leigh Silverman inszeniert, mit einer Choreografie von Mayte Natalio und einer Reihe feministischer Fürsprecher als Produzenten, darunter die Aktivistin Malala Yousafzai.
Shaina Taub kam erstmals durch die Produzentin Rachel Sussman und dem Buch Jailed for Freedom mit den Suffragetten in Berührung. Taub war sofort von diesem unbekannten, dramatischen Kapitel der amerikanischen Geschichte fasziniert. Als Taub tiefer in das Leben einzelner Suffragetten eintauchte, fand sie eine Fülle von komplexen Figuren.
Die musikalische Begleitung von Suffs neigt zum traditionellen Broadway-Stil; eine Entscheidung, die dazu beiträgt, die Erzählung in ihrem historischen Kontext zu verankern. Gleichzeitig konzentriert sich das Kostümdesign von Paul Tazewell auf historische Genauigkeit und Detailtreue; wunderschön eingefangen in der Mode dieser Zeit, während genauso die einzelnen Persönlichkeiten der Figuren zum Ausdruck gebracht werden.
Vielleicht ist das beträchtlichste Merkmal von Suffs sein Engagement, die oft übersehenen Beiträge farbiger Frauen in der Frauenrechtsbewegung hervorzuheben. Charaktere wie Ida B. Wells und Mary Church Terrell werden wichtig genommen, um sicherzustellen, dass ihre Geschichten nicht verloren gehen.
Von Opfern zu Pop-Diven: SIX – ein Überblick
SIX führt das Publikum ein in die Geschichte von König Heinrich VIII. und seinen sechs Ehefrauen mit dem einfachen Reim: geschieden, enthauptet, gestorben, geschieden, enthauptet, überlebt. Die betreffenden unglücklichen Damen - Katharina von Aragon, Anne Boleyn, Jane Seymour, Anna von Kleve, Katherine Howard und Catherine Parr - werden als Opfer der berüchtigten Kurzschluss-Entscheidungen ihres Ehemanns in Erinnerung bleiben. Doch das Broadway-Musical SIX zeigt, dass diese sechs Königinnen weit mehr waren.
SIX ist nicht Ihr alltägliches, altmodisches Broadway-Musical, es ist ein richtiges Popkonzert mit den Königinnen, die als Pop-Diven wieder auferstanden sind. In dieser Produktion treten die Frauen aus dem Schatten ihres berüchtigten Ehemannes hervor und beteiligen sich an einem spielerischen Wettbewerb: Jede erzählt ihre Lebensgeschichte und bewirbt sich um den Titel der am meisten benachteiligten Ehefrau Heinrichs VIII.
Produziert von Toby Marlow und Lucy Moss, lässt SIX die Königinnen als zeitgenössische Popstars auferstehen, wobei jeder von ihnen eine eigene Stimme und Ästhetik verliehen wird: Katharina von Aragon tauscht Sticheleien mit ihrem Mann in einer Pop-Hymne aus, die an Shakira erinnert, während Anne Boleyn eine verspielte Missachtung ausstrahlt, ganz ähnlich wie Avril Lavigne. Jane Seymour, die bei der Geburt von Heinrichs einzigem rechtmäßigen, männlichen Erben starb, erzählt ihre Geschichte durch eine gefühlvolle Ballade, die an Adele erinnert. Im Stil von Nicki Minaj rappt Anne von Cleves ihren Weg durch die Geschichte ihres schmeichelhaften Porträts; Katherine Howard leitet Ariana Grande bei der Bewältigung ihrer sexuell ausbeuterischen Beziehungen, und Catherine Parr, die Henry überlebte, erfährt eine dramatische Wendung durch bestärkende Texte, die an Alicia Keys erinnern.
Die Idee für diese Show entstand ursprünglich während Marlows Studienzeit. Moss gibt zu, anfangs skeptisch gewesen zu sein und die Risiken erkannt zu haben, die ein solch unkonventioneller Ansatz mit sich bringt. Als Historikerin sah sie jedoch auch die Chance, die dieses Konzept bot: Eine Gelegenheit, den Ruf von Heinrichs Frauen neu zu bewerten und die Fakten klarzustellen. Nach dem erfolgreichen Lauf der Produktion beim ‚Edinburgh Fringe Festival‘ standen die beiden Schöpferinnen vor einer neuen Herausforderung: die Frage, ob sie Suffs ausbauen sollten. Moss und Marlow entschieden sich jedoch letztendlich dafür, an ihrer ursprünglichen Vision festzuhalten.
In dieser Produktion werden den Zuschauern nicht nur historische Fakten präsentiert, sondern jene werden auch Zeugen von nachvollziehbaren, motivierenden Geschichten über Frauen, die ihrer Zeit weit voraus waren und trotz historischer Einschränkungen das Leben nach ihren eigenen Bedingungen lebten.
Kontrastierende Darstellung: Suffs vs. SIX
Obwohl Suffs und SIX jeweils historische Frauen-Narrative behandeln, variiert ihr Ansatz des Geschichtenerzählens. Suffs strebt nach Authentizität und verankert seine Erzählung in den realen Erfahrungen der Suffragetten - von Siegen bis zu Rückschlägen. Die Show ist bereits ein fester Favorit unter traditionellen Broadway-Fans.
SIX hingegen verlässt die konventionelle Erzählstruktur zugunsten eines kühneren Ansatzes. Der musikalische Stil der Show ist unverschämt modern und bietet eingängige Pop-Melodien, die deutlich mehr ‚Top 40‘ als Broadway aufzeigen. Die Kostüme in SIX sind ein wesentlicher Bestandteil der Erzählung. Weit entfernt von der historischen Genauigkeit von Suffs, sind die Kostüme von SIX ein Wirbelwind aus Farben, Texturen und Stilen. Entworfen von Gabriella Slade, integrieren sie Elemente der Tudor-Mode – denken Sie an Rüschen, Korsetts und extravagante Ärmel! -, aber mit einem modernen Clou. Dieser Ansatz unterscheidet SIX nicht nur von anderen historischen Musicals, sondern hilft auch, sich mit einem jüngeren Publikum zu verbinden.
Sowohl Suffs als auch SIX beleben die Geschichten historischer Frauen neu. Wenn Sie ein Fan des Broadways sind oder einfach jemand, der sich für die von einem einzigartigen Blickwinkel erzählten Geschichten interessiert, sind diese Shows ein Muss. Ob Sie das traditionelle Format von Suffs oder den konzert-ähnlichen Stil von SIX bevorzugen: Beide Shows bieten hochwertige Aufführungen und unvergessliche Partituren, die bei den Zuschauern Anklang finden. Tauchen Sie also in diese Geschichten ein, lassen Sie sich inspirieren und bewegen, und erleben Sie mit, wie der Broadway weiterhin Neuerungen vornimmt, wie wir Geschichten aus der historischen Entwicklung erzählen und wahrnehmen!